Wacken Open Air 2010
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Freitag

AMORPHIS haben es eigentlich nicht verdient, bereits um 11.45 Uhr auf die True Metal Stage zu müssen. Zudem ist offenbar der Soundmann noch nicht ganz wach, denn beim Opener "Silver Bride" gibt es noch ein paar Probleme mit dem Ton. Doch bei "Sky Is Mine" wird es besser und auch die Band bekommt Spaß auf der Bühne. Besonders Sänger Tomi Joutsen zeigt mit seiner Performance, dass er zu den besseren Frontmännern der Szene gehört. Doch auch der Rest der Band ist aktiv und so freut sich das immerhin zahlreich anwesende Publikum über eine gelungene Show, in der im weiteren Verlauf auch noch "The Castaway", "Against Widows", "From The Heaven Of My Heart" und zum Ende des Sets die Klassiker "Black Winter Day" und "My Kantele" erklingen.

Job For A Cowboy
Neben dem agilen Sänger Johnny Davy sticht vor allem Bassist Brent Riggs mit seiner feuerroten Kopf- und Gesichtsbehaarung heraus. Von den elf gespielten Songs bleibt am ehesten noch "Lords Of Chaos" im Gedächtnis, wobei Eingängigkeit bei den Amerikanern eh nicht unbedingt weit oben auf der Prioritätenliste steht. Nichtsdestotrotz ein gelungener Auftritt.

Im Zelt geht es wesentlich melodischer und traditioneller zur Sache. Aber dort ist es nicht minder laut. Zu Beginn des Gigs von ASTRAL DOORS ist es viel mehr deutlich zu laut, so dass manch einer die ersten Songs "Call Of The Wild" und "Black Rain" lieber erstmal aus größerer Entfernung verfolgt. Erst nach der Hälfte des Sets bzw. ab "Evil Is Forever" passt sich die Tagesform des Soundmanns einigermaßen der der Band an. Die Schweden sind nämlich bestens aufgelegt und werden von Beginn an auch gut abgefeiert. ASTRAL DOORS, die seit kurzem nur noch zu fünft sind, haben im Vergleich zu ihrem ersten Wacken-Auftritt 2004 einen großen Sprung bei den Besucherzahlen gemacht. Hymnen der Marke "Power And The Glory" oder "Of The Son And The Father", die alle Fans von DIO und RAINBOW begeistern müssen und hier von einer souveränen Mannschaft präsentiert werden, haben auch ohne große Show genug zu bieten. "Time To Rock" bringt die Sache dann erst Recht auf den Punkt und hebt die Stimmung noch weiter. Eine halbe Stunde Spielzeit ist für kräftigen Hardrock dieser Güteklasse einfach viel zu kurz und das sieht auch die Band so, sichtlich erfreut über die guten Reaktionen: "Wir gehen nicht von der Bühne und spielen, bis man uns hier runterschmeißt." Wohl niemand im Zelt hätte was gegen eine Verlängerung gehabt, aber nach der Hälfte des abschließenden "Cloudbreaker" war dann leider dennoch Schluss.

ETERNAL LEGACY dürften vor dem W:O:A wohl nur wenigen Besuchern ein Begriff gewesen sein. Die Amis um die Brüder Vanek waren bisher reiner Underground und so wunderte es nicht, dass das Zelt am Freitagnachmittag nicht mal zu einem Drittel gefüllt ist. Dabei könnte der Vierer aus Ohio mit seiner Mischung aus Power und Thrash Metal durchaus einer größeren und szeneweiten Hörerschaft gefallen; zumal sie live nicht nur härter als auf Konserve, sondern bei Songs wie "Shadow Of Revolution" oder der neuen Nummer "The Dead Matter" ziemlich METALLICA-like rüberkommen. Dies liegt zu einem gewissen Grad auch an Sänger und Rhythmusgitarrist Jason Vanek. Dessen Gesang ist bei den ersten Songs wie "Souls Of Prey" noch etwas zu leise, dem guten Eindruck tut das aber keinen Abbruch. Mangelndes Engagement kann man sowieso sowohl weder ihm mit seinem wiederholten Sprung in den Fotograben, noch dem Rest der Band vorwerfen. Sicher dürfte sein, dass ETERNAL LEGACY mit diesem Auftritt ihren Hörerkreis vergrößert haben.

Endstille
Letztes Jahr noch in Interimsbesetzung sind ENDSTILLE nun mit festem Line-Up in Wacken. Der neue Mann, Zingultus, ist in der deutschen Black Metal-Szene ein guter alter Bekannter. Nach "Feindfahrt" geht es in "Endstilles Reich" und im Laufe des Sets wird bis auf das Debütalbum jede Platte berücksichtigt. Mit "When Kathaaria Falls" wird sogar ein Song vom kommenden Album "Infektion 1813" ins Publikum gedroschen. Zum Ende dürfen natürlich "Dominanz" und "Frühlingserwachen" nicht fehlen. Zwar wäre es auch mal schön, ENDSTILLE bei Dunkelheit sehen zu können, denn das dürfte noch um einiges intensiver ausfallen. Trotzdem war es ein gelungener Auftritt.

Kamelot
KAMELOT waren wie IRON MAIDEN und auch JOB FOR A COWBOY bereits 2008 in Wacken dabei. Roy Khan singt wie eh und je und die Setlist hat bis auf den neuen Song "The Great Pandemonium" kaum Überraschungen zu bieten, wobei man natürlich festhalten muss, dass "Center Of The Universe", "The Haunting (Somewhere In Time)" und "March Of Mephisto" großartige Songs sind. Ach ja: Im Gegensatz zu 2008 klingen KAMELOT 2010 nicht wie "vom Winde verweht"...

Das 30-jährige Bandjubiläum von GRAVE DIGGER hat nicht nur ein paar Gäste zu bieten, sondern schlägt sich vor allem auf die Setlist nieder. Denn die mal wieder neu aufgestellte (im Vergleich zum letzten Wackenauftritt) Metal-Legende spielt das komplette "Tunes Of War"-Album am Stück; ergänzt durch drei weitere Songs.
Die Fans wissen diesen Anlass zu würdigen und nach dem eindrucksvollen Aufmarsch einer 20-köpfigen Pipes & Drums Band zur "The Brave"-Eröffnung, ist schon ab "Scotland United" die Stimmung am Siedepunkt. Bandchef Chris Boltendahl ist dabei passend zum Thema Schottland im Kilt gekleidet. Neben seiner gut abgestimmten Mannschaft wird die Bühne im Hintergrund zusätzlich von VAN CANTO bevölkert, die als Chor agieren.
Und es gibt noch weitere Gäste. So erscheint auf der in rotes Licht getauchten Bühne zu "The Ballad Of Mary (Queen Of Scots)" Doro Pesch zum Duett. Zu "Rebellion" kommen dann VAN CANTO auch mal nach vorne, bevor Chris Boltendahl die Nummer von den lauthals singenden Fans übernimmt und gemeinsam mit BLIND GUARDIANs Hansi Kürsch zu Ende bringt. Beide werden nochmal von zwei Dudelsackspielern unterstützt und dicke Pyro-Fontänen gibt es noch obendrein. Im Anschluss folgen dann noch der Titelsong des aktuellen Albums "Ballad Of A Hangman", mit "Excalibur" eine weitere Hymne und das unverzichtbare "Heavy Metal Breakdown", das noch mal die letzten Kräfte mobilisiert.

Nach dem viel zu leisen  SLAYER-Gig 2003 hoffte man auf Wiedergutmachung in diesem Jahr. Und die gibt es in Form einer Best-Of-Setlist:

World Painted Blood
Hate Worldwide
War Ensemble
Expendable Youth
Dead Skin Mask
Seasons In The Abyss
Hell Awaits
Spirit In Black
Mandatory Suicide
Chemical Warfare
Raining Blood
South Of Heaven
Angel Of Death

Daran gibt es natürlich überhaupt rein gar nichts auszusetzen und da auch der Sound spitzenmäßig (und sehr laut) ist, wird der Auftritt der Kalifornier zum absoluten Triumphzug. Vom Geschehen auf der Bühne bekommt man dabei eigentlich nur beim Blick auf die Videoleinwände etwas mit, was allerdings auch selten ist, denn man kann nicht anders, als 75 Minuten lang zu bangen, was der Hals aushält.